Das Marketing in einem erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen, ist heute weitaus mehr als nur Produktwerbung. Ein gutes Marketing begleitet ein Produkt von seiner ersten Idee bis hin zur Verwendung durch den Kunden nach dem Kauf und manchmal auch darüber hinaus. In den unterschiedlichen Zyklen eines Produktes bedarf es jedoch auch unterschiedlicher Methoden um den optimalen Weg für das Produkt, das Unternehmen und den Kunden zu finden.

Im Bereich der Neuproduktentwicklung ist den Unternehmen bewusst, dass auch das beste neue Produkt keinen Erfolg verspricht, wenn die Verbraucher dieses nicht benötigen oder sich von einem derartigen  Produkt einfach etwas anderes erhoffen. Daher ist es unerlässlich die Kundenwünsche in die Produktgestaltung mit einzubeziehen (Baier & Brusch, 2009). Aus diesem Grund ist es wichtig, die Präferenzen der Kunden zu kennen, beziehungsweise messen zu können. Hierzu dienen Marktanalysen um zunächst zu bestimmen, wer zu den späteren Kunden gehören wird. Für die Messung der Kundenpräferenzen innerhalb der eventuell unterschiedlichen Kundengruppen, dienen seit den 1980er Jahren verschiedene Conjoint Verfahren.

Hierzu gibt es im Verlauf der Jahrzehnte zahleiche Weiter- und Neuentwicklungen. Das besondere an der Conjoint Analyse ist, dass es kein kompositionelles Verfahren ist. Die Conjoint Analyse fragt also nicht die Meinung zu einem ganz bestimmten Attribut ab, sondern betrachten ein Produkt als Ganzes mit seiner Vielfalt an Attributen und Attributs Ausprägungen. Als eine der wichtigsten und meistgenutzten Varianten der Conjoint Analysen, bis in die späten 1990er Jahre, gilt die Adaptive Conjoint Analyse (ACA). Aus diesem Grund werde ich mich in der vorliegenden Arbeit auf diese Variante konzentrieren und besonders die Methodik das Design und die Auswertung sowie die Vor- und Nachteile einer ACA betrachten.

2.     Grundlagen der Conjoint Analyse

Als Basis für jede Art der Conjoint Befragungstechnik dient die klassische Conjoint Analyse. Hierbei handelt es sich um eine Befragungsmethode, mit der die Wichtigkeit von einzelnen Produkteigenschaften indirekt bestimmt wird. Sie wird in der Literatur erstmals 1960 von Debreu erwähnt und stammt ursprünglich aus dem Bereich der Psychologie (Baier & Brusch, 2009). Seit 1974 ist die Conjoint Analyse eines der beliebtesten Methoden zur Kundenpräferenzmessung im Bereich des Marketings. Hier wird diese Methode oft im Bereich der Neuproduktentwicklung, zum Beispiel in der Produktgestaltung oder dem Preismanagement, eingesetzt.

2.1.          Klassische Conjoint Analyse

Die Conjoint Analyse betrachtet die Menge von Eigenschaften eines Produktes ganzheitlich (engl. CONsidered JOINTly) und bildet so ein ganzes Produkt ab. Die Grundidee ist, dass die Probanden Trade-off-Entscheidungen zwischen verschiedenen Produktprofilen, den sogenannten Stimuli, treffen und damit ihre wahren Produktpräferenzen enthüllen. Mit Hilfe eines mathematischen Modells lassen sich die Teilnutzenwerte der einzelnen Produktmerkmale und deren Ausprägungen berechnen, die die relative Bedeutung einer Produkteigenschaft widerspiegeln. Daher wird die Conjoint-Analyse auch als dekompositionelles Verfahren bezeichnet.  Zudem lässt sich voraussagen, welches Produkt der Konsument unter mehreren Alternativen auswählen würde und es können Prognosen über die Marktanteile eines Produktes auf seinem Markt getroffen werden. Eine Abschätzung von Zahlungsbereitschaften ist ebenso möglich wie eine Segmentierung von Nachfragern des Produktes.

Der Aufbau einer Conjoint-Analyse beginnt zunächst mit der Definition der relevanten Produkteigenschaften. Hierbei müssen alle Produkteigenschaften, die von den Konsumenten als kaufrelevant eingestuft werden, berücksichtigt werden. Jedoch dürfen nicht zu viele Eigenschaften in Betracht gezogen werden, da die Befragung sonst zu komplex wird. Anschließend muss festgelegt werden wie viele verschiedene Ausprägungen eine Produkteigenschaft annehmen kann. Hierbei gibt es einen ähnlichen Trade-off wie bei der Auswahl der relevanten Produkteigenschaften. Werden viele Ausprägungen verwendet, erhöht dies die Validität der Ergebnisse. Allerdings nimmt hierbei wiederum die Komplexität der Befragung zu. Nimmt man dagegen zu wenige Ausprägungen, leidet darunter evtl. die Qualität der Ergebnisse.

Im Anschluss an diese Befragung folgt die Auswertung der oben genannten Teilnutzenwerte. Sie geben dabei Aufschluss darüber, welche Ausprägung einer Produkteigenschaft dem Konsumenten welchen Nutzen stiftet. Daraus lassen sich dann wiederum Gewichtungen für die einzelnen Produkteigenschaften errechnen. Des Weiteren kann somit der Gesamtnutzen jeder Alternative  bestimmt werden. Damit lassen sich mit Hilfe von Marksimulationen Prognosen über die Beliebtheit eines Produktes bei den Konsumenten treffen und in einem weiteren Schritt Präferenzanteile der Produkte schätzen.

2.2.          Varianten der Conjoint Analyse

Die traditionelle Conjoint Analyse wird heute nur noch dann angewendet, wenn angenommen werden kann, dass Konkurrenzreaktionen ausbleiben oder keine Konkurrenz für ein vollkommen neues Produkt besteht. (Green, Krieger, & Wind, 2001). Daneben haben sich im Laufe der Jahre verschiedene Neu- und Weiterentwicklungen der klassischen Conjoint-Analyse durchgesetzt. Hier sind im Wesentlichen die wahlbasierte Conjoint Analyse (choice based conjoint, CBC) und die adaptive Conjoint-Analyse (adaptive conjoint analysis, ACA) zu nennen. Zudem lässt sich noch die adaptive wahlbasierte Conjoint-Analyse (adaptive choice based conjoint, ACBC) unterscheiden, welche eine Art Mischform aus den beiden ersten Verfahren darstellt und somit als Weiterentwicklung der ACA und der CBC betrachtet werden kann. Darüber hinaus existiert noch die recht neue Barter Conjoint Methode.

2.3.          Methodik und Design der ACA

Die ACA wurde in den späten 1970er Jahren von Rich Johnson entwickelt. 1983 hat Rich Johnson die Firma Sawtooth Software gegründet und ein Softwarepaket veröffentlicht, mit dem er seine Entwicklung der ACA 1985 kommerzialisierte (King, Hill, & Orme, 2005). Diese neue Befragungstechnik ist ein rein computergestütztes Verfahren, bei dem sich der adaptive Charakter gegenüber der klassischen Conjoint Analyse daraus ergibt, dass sich der Fragebogen während der Umfrage an den jeweiligen Teilnehmer anpasst. Das Programm lernt die Präferenzen des Probanden und gestaltet dementsprechend die Auswahlmöglichkeiten. Dadurch werden die Präferenzen weiter präzisiert und die Validität der Ergebnisse erhöht.

Im Gegensatz zur klassischen Conjoint-Analyse oder auch zur CBC werden bei der ACA nicht alle Produktmerkmale gleichzeitig abgefragt. Stattdessen werden Teilprofile, die üblicherweise aus zwei oder drei Merkmalen bestehen, zur Auswahl gestellt. Dieses hat den Vorteil, dass insgesamt mehr Merkmale abgefragt werden können ohne die Befragung zu komplex für den Befragten werden zu lassen (Baier & Brusch, 2009).

2.4.          Fünf Phasen der ACA

Die ersten drei Phasen, welche noch für alle befragten gleich sind, sind kompositionelle Phasen. Diese Phasen sind sogenannte Self-Explicated Phasen und werden Prior genannt. Aus den Ergebnissen der Prior können schon erste Präferenzanteile berechnet werden. Diese werden dann dazu genutzt, die in Phase vier verwendeten Paarvergleiche an den Probanden anzupassen (King, Hill, & Orme, 2005).

In der ersten Phase (Unacceptables) muss der Proband die sogenannten inakzeptablen Eigenschaften auswählen (King, Hill, & Orme, 2005). Das sind diejenigen Merkmalsausprägungen der einzelnen Produktmerkmale, welche absolut nicht in Frage kommen. Selbst dann nicht, wenn die Ausprägungen der restlichen Produktmerkmale optimal sind. Diese Merkmalsausprägungen werden dann im folgenden Verlauf gar nicht verwendet, oder bekommen nur einen sehr geringen Nutzenwert zugeordnet. Diese Phase ist optional und wird oftmals ausgelassen, da diese Phase zwar die Interviewdauer etwas verkürzt, jedoch wird durch den Ausschluss einiger Merkmale die Wichtigkeit der übrigen Merkmale künstlich erhöht was die Ergebnisse verzerren kann.

In der zweiten Phase (Rating / Ranking) muss der Proband die Merkmalsausprägungen der Wichtigkeit nach ordnen und so in eine Reihenfolge bringen, oder auf einer Skala, meistens sieben-Punkt Skala, bewerten (King, Hill, & Orme, 2005). Das bedeutet, es wird gefragt, welche Ausprägung dem Befragten am besten, zweitbesten, usw. gefällt.

In der dritten Phase (Importance Ratings) wird die Wichtigkeit der Produkteigenschaften gemessen. Hierzu werden die Ergebnisse aus der Phase zwei verwendet. Zu jedem Produktmerkmal wird dazu die vom Probanden am höchsten Präferierte Ausprägung und die am wenigsten Präferierte Ausprägung gegenübergestellt. Dann soll der Proband die Wichtigkeit des Unterschiedes auf einer Skala, meistens eine sieben-Punkte Skala, bewerten. In einer Studie die später noch genauer betrachtet wird, konnte gezeigt werden, dass die Phase drei (Importance Ratings), durch das hinzufügen weiterer Paarvergleiche substituiert werden kann, wenn die Teilnutzenwerte statt mit einer Standard OLS Regression, mithilfe einer Hierarchischen Bayes Schätzung ermittelt werden (King, Hill, & Orme, 2005).

In der vierten Phase (Pairs) werden dann bereits die Informationen aus den Phasen eins bis drei verarbeitet und darauf aufbauend Teilprofile der Produkte als Paarvergleiche zur Auswahl gestellt. Der Proband muss dann wählen ob er das linke oder das rechte der beiden gezeigten Produkte stärker präferiert oder ob er indifferent ist. Mit einer neun-Punkte Skala ist es möglich die Präferenz genau zu messen (Baier & Brusch, 2009). Aus den Antworten des Befragten werden weitere Erkenntnisse über seine Präferenzen gewonnen. Bei jedem neuen Paarvergleich werden die Ergebnisse der vorhergehenden Paarvergleiche mit einbezogen und bauen darauf auf. Die Berechnung mit Hilfe einer einfachen OLS Regression, wird nach jedem Paarvergleich wiederholt und korrigiert auf diese Weise die bisherigen ungefähren Nutzenwerte (Baier & Brusch, 2009).

Zur Verfeinerung der Ergebnisse folgt schließlich darauf aufbauend die fünfte Phase (Calibration Concepts). In dieser Kalibrierungsphase werden dem Befragten Alternativen mit allen Produktmerkmalen zur Bewertung vorgelegt. Hierbei soll der Proband auf einer Skala von 0% bis 100% angeben, wie hoch die Kaufwahrscheinlichkeit für das gezeigte Produkt ist. Dies dient schließlich der Feinjustierung oder „Kalibrierung“ der Teilnutzenwerte (Johnson, Adaptive conjoint analysis, 1987). Diese Phase ist ebenfalls optional. Wird diese Phase vom Interviewersteller ausgelassen, verwendet das Programm in der Regel automatisch die folgenden Werte:

0% für das schlechteste Konzept; 50% für das mittlere Konzept; 90% für das beste Konzept

2.5.          Marktsimulation

Im Anschluss an eine Erfolgreiche Umfrage können die ermittelten  und berechneten Daten für eine Simulation von Präferenzanteilen benutzt werden die einen Aufschluss über die vorherrschenden oder späteren Marktanteile zulassen. Hierbei werden die Präferenzanteile der einzelnen Produkte geschätzt und in einer Marktübersicht zusammengestellt. Um mit Hilfe einer Marktsimulationssoftware dabei auch valide Ergebnisse zu erhalten, muss unter anderem definiert werden, welche Entscheidungsregel von der Software bei der Simulation des Marktumfeldes genutzt werden soll. Diese Auswahl der Entscheidungsregel ist nicht trivial, da durchaus starke Unterschiede in den dann simulierten Daten durch die unterschiedliche Wahl der Entscheidungsregel auftreten können. Im Wesentlichen werden drei Entscheidungsregeln unterschieden.

Die First Choice Option ist hierbei die einfachste Entscheidungsregel und wird oft als die “Maximum Utility Rule” bezeichnet. Die First Choice Option geht davon aus, dass der Kunde das Produkt mit dem höchsten Gesamtnutzen wählen wird. Alle anderen Produkte erhalten in diesem Fall einen Präferenzanteil von Null (Sawtooth Software, Inc., 2003).

Die Share of Preference Option geht nicht davon aus, dass der Proband immer das Produkt mit dem höchsten nutzen auswählt. Stattdessen wird die Wahrscheinlichkeit geschätzt, dass, basierend auf den Nutzenwerten, ein Produkt vom Probanden ausgewählt wird. Dieses ergibt den Präferenzanteil des Produktes (Sawtooth Software, Inc., 2003).

Die Randomized First Choice (RFC) Methode kombiniert viele der erwünschten Elemente der First Choice Option mit den Vorteilen der Share of Preference Methode. Wie der Name andeutet, basiert diese Methode auf der First Choice Option, und kann gegen alle hieraus entstehenden Schwierigkeiten immunisiert werden. Hierzu werden die Präferenzanteile der First Choice Methode wie bei der Share of Preference Methode skaliert (Sawtooth Software, Inc., 2003).

Ist die Entscheidungsregel ausgewählt, wird noch das Marktumfeld definiert. Hierbei werden die Konkurrenzprodukte mit Ihren jeweiligen Produktmerkmalen definiert. Das neue Produkt wird zu dem definierten Marktumfeld hinzugefügt und der gesamte Markt kann dann Simuliert werden.

3.     Empirische Studien zur ACA

Um die Qualität der ACA bestimmen und deren Qualität nachweisen zu können, ist es wichtig Empirische Studien zu verwenden und miteinander zu vergleichen. Mit Hilfe empirischer Studien ist es möglich, Vergleiche zwischen den Methoden herzustellen und auch verschiedene Auswertungsmethoden gegeneinander zu testen. In diesem Abschnitt dieser Seminararbeit wird auf der einen Seite die ACA mit anderen Methoden zur Präferenzmessung verglichen und darüber hinaus soll die Standard OLS Regression, mit deren Hilfe die Daten einer Studie zunächst ausgewertet wurden, mit der Hierarchical Bayes (HB) Methode verglichen werden. Die HB Methode gilt seit den späten 1990er Jahren als „der goldene Standard“ (King, Hill, & Orme, 2005) zur Auswertung der in Conjoint Analysen ermittelten Daten. Um die Auswertungsmethoden vergleichbar zu machen, wurde die Vorhersagestärke (Hit Rate) gemessen. Hierbei wird die oben erwähnte First Choice Option genutzt.

3.1.          ACA im Vergleich zu anderen Methoden

Bei einer klassischen Conjoint Analyse werden die  Produkte als Vollprofile gezeigt. Das bedeutet, dass jede Abfrage immer alle Produkteigenschaften enthält. Bei einer großen Anzahl an Produkteigenschaften kann der Proband also kaum noch überblicken, worin die eigentlichen Unterschiede zwischen den gezeigten Produkten bestehen, beziehungsweise welches das bessere von den gezeigten Produkten ist. Daher sind die Anzahl der relevanten Produkteigenschaften und die Anzahl der jeweiligen Merkmalsausprägungen begrenzt. In einer klassischen Conjoint Analyse oder einer klassischen Self-Explicated Umfrage, sollte daher die Anzahl der Produkteigenschaften und die Anzahl der Merkmalsausprägungen auf jeweils sieben begrenzt sein. Die Umfrage wird sonst für die teilnehmenden Probanden zu Umfangreich und verzerrt so die Ergebnisse. Bei der Adaptiven Methode, werden dagegen Teilprofile gezeigt, was die Komplexität verringert und auf diese Weise mehr Merkmale und Ausprägungen zulässt.

In einer Studie zum Vergleich der ACA mit der klassischen Conjoint Analyse und einer klassischen „pencil-an-paper“ Self-Explicated-Methode haben Manoj K. Agerwal und Paul E. Green herausgefunden, dass die gewichtete Self-Explicated Methode bessere Ergebnisse liefert als die Adaptive Conjoint Analyse. Hierzu haben Manoj K. Agerwal und Paul E. Green Wirtschaftsstudenten zu einer Umfrage für möblierte Wohnungen eingeladen. Insgesamt konnten 170 vollständige Datensätze verwendet werden. In einer Umfrage mit realistischen Produktkombinationen wurden 6 Produkteigenschaften mit jeweils drei Merkmalsausprägungen verwendet (Agarwal & Green, 2007). Die Daten wurden in vier  Phasen gesammelt. In Phase eins wurden die Daten mit einer Adaptiven Conjoint Analyse erhoben. In Phase zwei wurde die klassische Stift und Papier (pencil-and-paper) Methode verwendet, in der jeder Proband auf einer zehn-Punkte Skala von absolut inakzeptabel bis absolut akzeptabel seine Präferenzen angeben sollte. In Phase drei haben die Probanden 18 Vollprofil Karten erhalten, die auf eine Skala von 0 bis 100 bewertet werden sollten. In der letzten Phase haben die Probanden noch einmal 16 Vollprofil Karten erhalten auf denen jeweils nur der beste oder schlechteste Wert angegeben war. Hier sollten die Probanden die Profile ebenfalls auf einer 0 bis 100 Punkte Skala bewerten.

Die Daten der Self-Explicated Methoden wurde einmal gewichtet und einmal ungewichtet ausgewertet. Die Daten der ACA wurden mit einer Standard OLS Regression dreimal geschätzt. Hierbei wurden einmal keine Vergleichspaare, also nur der self-explicated-Teil der ACA, einmal acht Vergleichspaare und einmal alle 18 Vergleichspaare der Umfrage verwendet. Die Standard Conjoint Analyse wurde mit einer Standard OLS Regression ausgewertet. Die Ergebnisse der 16 und 18 Vollprofilkarten werden hierbei als Kontrolle verwendet um die Hit Rates zu ermitteln.

Aus Abbildung 1 ist klar ersichtlich dass unter den genannten Bedingungen die gewichtete Self-Explicated Methode (pencil-and-paper) eine höhere Treffer Quote (Hit Rate) in der Vorhersage erzielt, als die anderen Methoden. Das Ergebnis sollte jedoch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Stärken der ACA erst mit wachsender Anzahl an Produkteigenschaften und Merkmalsausprägungen voll zur Geltung kommen. Das hier gezeigte Ergebnis, ist vor dem Hintergrund der geringen Merkmalsausprägungen nicht verwunderlich.

Abbildung 2: Directional Implications of Response Errors

In einer weiteren Studie zu einem neuen Umfragedesign unter Verwendung von Polyhedral-Methoden, wurde diese neu entwickelte Fast Polyhedral Adaptive Conjoint Analysis unter anderem mit den Daten einer ACA Erhebung verglichen. Die Fast Polyhedral Adaptive Conjoint Analysis dient dazu, Umfragen zu gestaltet die mit weniger Paarvergleichen als Attributen auskommt. Hierbei wurden die Daten der Umfragen jeweils einmal mit einer Analytical Center Method (AC) und einmal mit der HB Methode geschätzt und gegenüber gestellt. Die Daten wurden mit Monte Carlo Simulationen erzeugt da es zu dieser neuen Methode noch keine Ergebnisse gibt. Um die Qualität der Ergebnisse zu testen, wurde hier jeweils der mittlere absolute Fehler (MAE) benutzt. In Abbildung 2 kann man sehr gut sehen, dass in dem Gewählten Umfragedesign mit nur acht Paarvergleichen, die neue Fast Polyhedral Adaptive Conjoint Analysis jeweils besser abschneidet als alle anderen getesteten Methoden (Toubia, Simester, Hauser, & Dahan, 2003). Dennoch sollte man diese Ergebnisse vorsichtig betrachten, da nur sehr wenige Paarvergleiche benutzt wurden, was die Validität der Ergebnisse beeinflusst. Festzuhalten bleibt, dass die ACA ausreichend Paarvergleiche benötigt um valide Ergebnisse zu erzeugen.

3.2.          Auswertung der ACA

Die dritte Phase der ACA ist die sogenannte Importance-Ratings-Phase. W. Christopher King, Aaron Hill und Bryan Orme haben sich 2005 die Frage gestellt, ob man diese Zeitaufwendige Phase der ACA weglassen kann. Sie stützen Ihre Vermutung auf eine 1991 von William McLaughlan durchgeführten Test, indem er ein Sample in zwei Teile aufteilte und beim ersten Teil eine Standard neun-Punkte Skala und im zweiten Teil eine vier-Punkte Skala bei der Importance Question verwendete. Er fand hierbei heraus, dass es nahezu keinen Unterschied in der Qualität der errechneten Teilnutzenwerte gibt. (King, Hill, & Orme, 2005)

Um diese These zu testen, haben W. Christopher King, Aaron Hill und Bryan Orme 2005 eine Umfrage in drei Gruppen gestartet, welche mit Hilfe der von Sawtooth Software angebotenen ACA Software durchgeführt wurde. In dieser Umfrage wurden insgesamt 20 Attribute verwendet.

In Gruppe eins (n=463) wurde eine Standard ACA Umfrage mit 14 Paarvergleichen durchgeführt. Hier wurde die Importance Question für alle 20 Attribute abgefragt.

In Gruppe zwei (n=508) wurde die Importance Question ausgelassen und alle Attribute haben den gleichen Wert erhalten. Die Teilnutzenwerte wurde mithilfe der HB Methode errechnet. Während der, in dieser Gruppe verwendeten 20 Paarvergleiche, wurden die Wichtigkeiten mit der Standard ACA Prozedur während der Umfrage aktualisiert, so dass der Startwert während der Umfrage immer unwichtiger wurde.

In Gruppe drei (n=448) wurde die Wichtigkeit der Attribute basierend auf den Antworten derjenigen Probanden, die diese Umfrage bereits abgeschlossen haben, ermittelt. Da beim ersten Probanden, noch keine vorhergehenden Informationen bestanden, wurden hier alle Wichtigkeiten gleich gesetzt. Alles andere  ist wie in Gruppe zwei.

Da die Umfrage Computergestützt durchgeführt wurde, konnte die Zeit die zur Durchführung der gesamten Umfrage und der einzelnen Teile der ACA notwendig war, gemessen werden. In Abbildung 3 kann man sehr gut sehen, dass trotz der zusätzlichen sechs Paarvergleiche, die Zeit für die Gesamte Umfrage geringer ausfällt wenn die Importance-Question ausgelassen wird.

Dennoch haben mehr als 50% der Probanden in allen Gruppen die Umfragen vorzeitig beendet, wobei die Umfragen zwei und drei geringfügig seltener abgebrochen wurden, als in der Gruppe eins, da Sie insgesamt einfach kürzer waren.

Abbildung 3: Median Time per ACA section

In der ersten Gruppe der Umfragen wurden die Teilnutzenwerte sowohl mit einer Standard OLS Regression als auch mit einer HB Schätzung jeweils inklusive Importance Scores ermittelt, als auch mit einer HB Schätzung ohne Importance scores. Die Gruppen zwei und drei wurde jeweils nur durch eine HB Schätzung ohne Importance Scores geschätzt.   

Abbildung 4: Hit Rates

Für die Qualität der Ergebnisse sind wie auch schon im Abschnitt 3.1 erwähnt die Hit Rates ein probates Mittel. Hierbei wird ermittelt, wie oft die Vorhersage relativ zutreffend ist. Aus der Abbildung 4 kann entnommen werden, dass die Hit Rates der Gruppen zwei und drei der Umfragen nur unwesentlich schlechter ausfallen, als in Gruppe eins der Umfragen. Durch die Jeweilige Zeitersparnis kann somit festgehalten werden, dass eine ACA Umfrage ohne die Importance Ratings eine geringere Abbruchrate durch kürzere Umfragezeiten und qualitativ gleiche Ergebnisse liefert.

Darüber hinaus lässt sich aus der Abbildung 4 entnehmen, dass eine ACA Umfrage mit Impotence Question bessere Ergebnisse für die Teilnutzenwerte liefert, wenn diese nicht mit einer Standard OLS Regression sondern mit einer HB Methode ermittelt werden. Dieses jedoch hat Sawtooth Software bereits gegen Ende der 1990er Jahre entdeckt und diese Methode daher als goldenen Standard definiert (King, Hill, & Orme, 2005). Gemäß Richard M. Johnson von Sawtooth Software ist das ein ganz typisches Ergebnis. In mehreren Studien konnte immer wieder unabhängig voneinander gezeigt werden, dass die HB Schätzung gegenüber der Standard OLS Regression immer im Vorteil liegt. Sowohl bei den Hit Rates als auch bei den Standardfehlern werden mit der HB Methode bessere Ergebnisse erzielt als mit einer OLS Regression (Johnson, Understanding HB: An Intuitive Approach, 2000).

4.     Kritische Betrachtung der ACA

Um Empfehlungen für oder gegen die Nutzung der ACA geben zu können, ist es notwendig alle Faktoren kritisch zu hinterfragen und gegenüber zu stellen. Hierzu nehmen wir die ermittelten Ergebnisse aus dem empirischen Teil dieser Arbeit und vervollständigen diese mit bereits bekannten Eigenschaften der ACA. Im Folgenden Teil wird daher zunächst auf die Vor- und Nachteile der ACA eingegangen, dann neuere Methoden kurz betrachtet und im Anschluss eine Zusammenfassung und Empfehlung abgegeben.

4.1.          Vor- und Nachteile der ACA

Die ACA wurde bis in die 1990er Jahre hinein zu der beliebtesten Conjoint Methode in Europa und in den USA (Toubia, Simester, Hauser, & Dahan, 2003). Der Hauptvorteil der ACA ist die Fähigkeit, mehr Attribute zu messen als mit dem älteren Conjoint Ansatz sinnvoll war. Weitere Vorteile dieser ACA Methode liegen, wie bereits erwähnt, in der geringeren Komplexität für die Befragten und der Individualisierung der Fragebögen. Darüber hinaus lässt sich eine größere Anzahl an Merkmalen abfragen. Mit der ACA, ist es möglich bis zu 30 Attribute in nur einer Internet Umfrage zu verwenden und trotzdem qualitativ gute Daten zu erhalten. Die ACA erreicht dies, indem verschiedene Abschnitte des Interviews an die früheren Antworten der Probanden angepasst werden. In jedem Abschnitt werden dabei nur eine oder wenige Attribute vorgelegt, um die Probanden nicht mit zu vielen Informationen auf einmal zu überwältigen (Orme, Which Conjoint Method Schould I Use?, 2009). Durch den adaptiven Charakter dieser Umfragemethode gegenüber der klassischen Conjoint Analyse ist es möglich, Produkte und Dienstleistungen zu testen, welche eine sehr hohe Komplexität durch eine hohe Anzahl an Produkteigenschaften aufweisen. Darüber hinaus ist es möglich viele Merkmalsausprägungen zu verwenden. Während bei einer klassischen Conjoint Analyse die Produkteigenschaften und die Merkmalsausprägungen bei jeweils maximal sechs bis sieben gehalten werden sollten um die Umfrage nicht zu komplex zu gestalten. Ist es mit einer ACA möglich bis zu 30 Eigenschaften mit jeweils bis zu 15 Ausprägungen zu verwenden (Sawtooth Software, Inc., 2010). Dennoch ist hierbei zu beachten, dass die ACA Umfrage dabei trotzdem sehr umfangreich werden kann und damit oft eine hohe Abbruchrate verbunden ist. Wie weiter oben beschrieben, gibt es bei einer Umfrage mit sieben Merkmalen und drei Ausprägungen trotzdem eine Abbruchrate von mehr als 50%. Die Komplexität der Umfrage mit der ACA Methode kann jedoch weiter verringert werden. Wenn man die optionale Phase eins (Unacceptables) weg lässt und die durch die Anwendung der HB Schätzung gegenüber der Standard OLS Regression überflüssige Phase drei (Importance Ratings) ebenfalls auslässt, ist die Umfrage schon ein ganzes Stück kürzer. Darüber hinaus, kann man unter geringem Genauigkeitsverlust, ebenfalls die fünfte Phase (Calibration Concepts) weglassen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass man die Fehlenden Phasen eins, drei und fünf durch zusätzliche Paarvergleiche substituieren sollte. Dennoch lässt sich hierbei feststellen, dass die Umfrage für die Probanden insgesamt kürzer wird und die Abbruchrate dabei sinkt.

Die Einschränkungen der ACA waren in erster Linie, dass immer ein Computer für die Umfrage benötigt wurde, da sich die Umfrage an die Probanden anpasst. Diese Einschränkung jedoch dürfte sich spätestens seit der 1990er Jahren erledigt haben, da seit dieser Zeit, Computer zahlreich zur Verfügung stehen. Wie die meisten Conjoint Ansätze ist auch die ACA ein dekompositionelles Verfahren. Das bedeutet, dass bei einer gezeigten Alternative mit nur einem oder zwei Attributen immer angenommen wird, dass alle anderen Attribute gleich sind. Dies kann für einige Studien zur Preisgestaltung, in denen es manchmal wichtig ist, die Preissensibilität für eine Marke in der Studie zu schätzen, sehr limitierend sein. Ein Nachteil liegt allerdings darin, dass wichtige Merkmale, wie z. B. der Preis, tendenziell unterschätzt werden, unwichtige Merkmale dagegen überschätzt werden (Orme, Getting Started with Conjoint Analysis, 2005).

Die weitere Einschränkung in Bezug auf Studien zur Preisgestaltung ist, dass der Preis, als nur ein Attribut von vielen, mit der zunehmenden Anzahl der Attribute, wachsend unterschätzt wird (Orme, Which Conjoint Method Schould I Use?, 2009).

4.2.          Anwendungen der ACA Heute

Trotz neuerer und besserer Verfahren wird die ACA heute immer noch von einigen Forschern verwendet. Es wird jedoch dazu übergegangen dabei Studien zur Preisgestaltung zu vermeiden, da es hierzu einfach bessere Methoden, wie zum Beispiel die ACBC, gibt. Darüber hinaus ist der Self-Explicated Teil, Phase eins bis drei, am Anfang einer ACA dann Problematisch, wenn er nicht gut genug durchdacht ist. Es gibt hierzu jedoch eine Reihe guter Studien, die zeigen, wie diese Probleme zu vermeiden sind. Dennoch gilt die ACA grundsätzlich als überholt  und wird kaum noch verwendet (Orme, Which Conjoint Method Schould I Use?, 2009). Bei den praktischen Anwendern gelten heute die neuere ACBC und noch immer die ältere CBC als das Mittel der Wahl, wenn es um Kundenpräferenzanalysen geht.

4.3.          Weiterentwicklungen

Die adaptive, wahlbasierte Conjoint-Analyse (ACBC) ist wie bereits erwähnt eine Mischform aus CBC und ACA. Dabei wurde versucht, die Vorteile der beiden Verfahren zu erhalten und die Nachteile zu eliminieren. Ähnlich wie die ACA ist die ACBC auch in mehrere Phasen unterteilt. Die erste Phase ist die sogenannte Build-Your-Own-Phase, hier wird der Befragte aufgefordert, aus den vorgegebenen Merkmalsausprägungen sein Idealprodukt zusammenzustellen. Dies geschieht unter dem Hintergrund, dass der Informationsgehalt in den kommenden Phasen höher ist. Denn wenn mit Auswahlsets mit ähnlichem Nutzen der jeweiligen Alternativen abgefragt werden, können daraus bessere Rückschlüsse auf den Nutzen einzelner Merkmale gezogen werden (Huber & Zwerina, 1996).

Abbildung 5: An adaptive CBC Interview Flow

Dabei kann bereits der Preis in der Form mit eingebaut werden, dass neben einem Grundpreis für ein Basisprodukt verschiedene Preisaufschläge für einzelne Merkmalsausprägungen anfallen. Am Ende findet der Proband einen Überblick über den Gesamtpreis seines Idealproduktes. Anschließend werden dem Befragten in der sogenannten Screening-Phase einige verschiedene Abwandlungen seines Idealproduktes zur Auswahl gestellt. Er muss hier lediglich angeben, ob diese Produkte für ihn in Frage kommen oder nicht. Auf Grundlage dieser Antworten wird vom Programm bestimmt, ob der Befragte einige Ausprägungen immer ausschließt oder diese immer voraussetzt. Dies wird dann noch einmal explizit hinterfragt und dann im weiteren Umfragedesign berücksichtigt.

Die abschließende Phase verläuft dann wieder wie eine herkömmliche CBC-Analyse. Unter Berücksichtigung der vorherigen Antworten werden dann noch einmal verschiedene Alternativen zur Auswahl gestellt, von denen der Proband eine wählen muss. Es besteht keine No-Choice-Option.

Die Vorteile bei dieser Methode sind ähnlich gelagert wie bei der ACA. Das Umfragedesign wird individualisiert und die Aufmerksamkeit der Probanden bleibt durch verschiedene Phasen und für sie relevante Produkteigenschaften hoch. Der wichtigste Vorteil im Vergleich zur CBC liegt wie bereits erwähnt, im höheren Informationsgehalt aufgrund der Kenntnis des Idealproduktes. Nachteilig wirkt sich dagegen aus, dass die Umfrage deutlich länger dauert als eine CBC oder eine ACA. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten die Umfrage vorzeitig abbrechen.

5.     Zusammenfassung und Ausblick

In der hier vorliegenden Arbeit wird die Methodik, das Design und die Auswertungsmethoden der Adaptiven Conjoint Methode genauer erläutert. Die Adaptive Conjoint Analyse wurde in den 1980er Jahren entwickelt und gilt bis in die späten 1990er Jahre, trotz der anfänglichen Schwierigkeiten der teilweise fehlenden Computer, als das beliebteste Mittel bei Forschern und Praktikern aus dem Marketingbereich in Europa und den USA zur Kundenpräferenzanalyse.

Die ACA wird speziell im Bereich der Neuproduktentwicklung eingesetzt um die Vorzüge und Präferenzen sowohl einzelner Attribute, also auch des gesamten Produktes zu messen. Heute wird die ACA aus verschiedenen Gründen, trotz zahlreicher Studien zu Methoden welche die Probleme behandeln und Wege aufzeigen die zum Beispiel die tendenzielle Unterschätzung des Preises zu korrigieren, wird die ACA seit den späten 1990er Jahren kaum noch verwendet.

Wegen der bekannten Probleme im Bereich der Preissensibilität, welche später auch von Sawtooth Software bestätigt wurden, ist die ACA in den späten 1990er Jahren durch die neuere ACBC abgelöst worden, welche als Weiterentwicklung der CBC und der ACA diese Probleme nicht mehr aufweist. Die ACBC ist jedoch vom Umfrageablauf her deutlich länger als die ACA und es gibt auch hier sehr hohe Abbruchraten bei den Probanden so dass die Verwendung der ACBC ebenfalls limitiert ist. Die ACA wird heute nur noch vereinzelt von Forschern genutzt und es wird dabei darauf geachtet, dass Studien zur Preissensibilität vermieden werden. Sofern die ACBC für eine Umfrage nicht genutzt werden kann, wird heute immer noch oft auf die CBC zurückgegriffen.

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